Geschichtlicher Hintergrund

Geschichtlicher Hintergrund

Historische Bedeutung des Kollegiengebäudes und der vier Philosophen

Die Christian-Albrechts-Universität war nach ihrer Gründung 1665 bis zur Errichtung des Kollegiengebäudes im Jahre 1876 it den vier Philosophen immer wieder in ihrem Fortbestand bedroht. Erst 1876 war mit der Fertigstellung dieses Bauvorhabens die Existenz der Universität gesichert und ihr Weg von einer regionalen Landesuniversität zu einer preußischen und später zu einer bundesweit erfolgreich auftretenden Universität geöffnet.

Gründung der Christian-Albrechts-Universität 

1665 erfüllte Christian Albrecht von Gottorf mit der Gründung einer Universität den Wunsch seines Vaters; er ist seitdem Namensgeber der Universität. Die Universität erhielt kein eigenes Gebäude; sie wurde in den von der Stadt Kiel zur Verfügung gestellten und bis dahin als Armenhaus genutzten Räumen des ehemaligen Franziskanerklosters am Klosterhof untergebracht. Diese Räumlichkeiten befanden sich bei der Übergabe an den Senat in einem schlechten Zustand. Zunehmende Klagen über Baufälligkeit einzelner Gebäudeteile blieben bei der Bürgerschaft jedoch ohne Gehör. Die Universität verblieb in diesen Räumlichkeiten bis 1768.

Die Rettung der Universität durch Katharina II.

Etwa 100 Jahre nach der Gründung der Christian Albrecht Universität schien ihr Ende nicht mehr abwendbar. Von einem geregelten Betrieb in den Fakultäten konnte kaum mehr die Rede sein. Über mehrere Jahre lag der Durchschnitt der Aufnahme von Studenten bei nur acht Immatrikulationen. Die ständige Finanznot, der sich fortsetzende Verfall der Gebäude, Streitigkeiten des Senats mit der Bürgerschaft und der Professoren untereinander hatten zu Abwanderungen sowohl von Studenten als auch von Professoren geführt. Unerwartete Hilfe kam aus der Verbindung des Gottorfer Fürstengeschlechts mit dem russischen Zarenhaus. Zarin Katharina II. war der Niedergang der Hochschule wohl vertraut. Sie fasste es als persönliches Anliegen und Vermächtnis auf, die Zustände an der Universität gründlich zu reformieren. Vordringlich wurde der Bau eines neuen (ersten) Universitätsgebäudes in der Kattenstraße vor dem Schloss vorangetrieben; die feierliche Einweihung fand am 3.Oktober 1768 statt. Außerdem wurden ausreichende finanzielle Zuwendungen bereitgestellt, so dass vakante Lehrstühle besetzt werden konnten. Darüber hinaus stiftetet die Zarin für die Kieler Studenten ihre Lieblingsfarben lila-weiß – die heutigen Universitätsfarben.

Zuständigkeit des dänischen Gesamtstaates 

Der Einfluss der Zarin endete 1773 durch einen Gebietsaustausch, durch den die beiden Herzogtümer Schleswig und Holstein in den dänischen Gesamtstaat aufgenommen wurden. Damit endete die Herrschaft der Gottorfer. Der zu dieser Zeit amtierende dänische König Christian VII. verpflichtete sich, die Kieler Universität zu erhalten und ihre Privilegien zu schützen. Die Universität erfreute sich in der Folgezeit laufend der Unterstützung und Förderung durch den dänischen König und seine Regierung.
In der Folgezeit bildete sich ein starker dänischer Nationalismus heraus; immer stärker wurde auf eine verfassungsmäßig stärkere Bindung der Herzogtümer mit Dänemark gedrängt. Dieser Entwicklung entgegengesetzt baute sich ein von Jahr zu Jahr wachsendes Selbstbewusstsein in Schleswig-Holstein auf. Initiatoren gegen den sog. Danismus waren u.a. die Professoren Dahlmann, Falk, Twesten, Hegewisch und Olshausen. Die Brüder Olshausen waren gleichzeitig ein Teil der treibenden Kräfte der deutschen Freiheits- und Demokratiebewegung von 1848. 
Wegen dieser Verdienste hat der Verein Kiels Gelehrtes Erbe bereits 2009 Justus Olshausen und seinen Bruder Theodor mit einer an der Universität aufgestellten Stele geehrt.
Justus Olshausen wurde später von der dänischen Regierung wie viele andere Professoren aufgrund seines Widerstandes aus dem Professorenamt entlassen. Die Gegensätze blieben bestehen und mündeten schließlich 1864 in die Niederlage der Dänen. 
Vom 12. Januar 1867 an gehörten die beiden Herzogtümer zur preußischen Provinz. Die Christiana Albertina wurde nach Vereidigung der Professoren auf den preußischen König am 26. Juni 1867 eine preußische Universität.

Pläne zum Bau eines Universitätsgebäudes für die Landesuniversität (1859 – 1866)

Noch während der dänischen Regierungszeit kam anlässlich des 200jährigen Jubiläums der Wunsch auf, ein neues Universitätsgebäudes zu errichten. Schon seit Jahren hatten sich die Räumlichkeiten im Universitätsgebäude in der Kattenstraße als nicht mehr ausrechend erwiesen. Der Kieler Professor Gustav Ferdinand Thaulow war der Erste, der die Anregung hierzu gab und der in folgenden Jahren wesentlicher Förderer des Vorhabens war. Thaulow verstand seine Initiative auch als deutliche Äußerung der politischen Selbstbehauptung der Herzogtümer. In seiner 1861 zunächst anonym veröffentlichten Schrift „Das bevorstehende Jubiläum der Kieler Universität“ begründete er in Gedenken an den Universitätsgründer Christian Albrecht die Notwendigkeit eines Neubaus und die Art und Weise seiner Finanzierung. Er machte damit die historische Unabhängigkeit des Landes und seiner Landesuniversität deutlich. Konsequent forderte er keine Finanzierung durch den dänischen König, sondern wollte die Bevölkerung der beiden Herzogtümer dafür in die Pflicht nehmen. 
Thaulow warb in einer Rundreise durch Schleswig Holstein für seine Idee. Das Vorhaben verzögerte sich nach gutem Beginn u.a. wegen Streitigkeiten über die Wahl des Bauplatzes. Bei der Entscheidung über die vorgelegten Entwürfe der Architekten kam es zu weiteren Streitigkeiten. Der ursprünglich favorisierte Entwurf des Kieler Architekten und Stadtbaumeisters Gustav Ludolf Martens wurde aufgrund eines Gutachtens unter Hinweis auf Finanzierungsprobleme und zahlreiche formale und ästhetische Bedenken abgelehnt. Nach der Ablehnung der Baugenehmigung durch die Landesregierung ruhten zunächst alle weiteren Bemühungen. Bei dem auch im Übrigen wenig feierlichen Jubiläum am 5. Oktober 1865 gab es keinerlei Aussicht mehr auf eine Realisierung des Baus.

Die Christian-Albrechts-Universität als preußische Universität 

Die Eingliederung von Schleswig und Holstein in Preußen als preußische Provinz stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung innerhalb der Universität. Die bisherige Landesuniversität war nunmehr nur noch eine preußische „Provinzuniversität“. Für die Universität bedeutete das u.a. den Verlust von Privilegien. Für Beunruhigung sorgten überdies Gerüchte, Preußen überlege, die Kieler Universität als kleinste der hinzugewonnenen Universitäten zu schließen. Auch aus diesem Grund fiel die geplante Erinnerungsfeier an die Gründung aus. War es 1765 die miserable Lage der Universität, so war es dieses Mal der Unmut über Preußen und die nicht verkraftete Verletzung des Wunsches nach staatlicher Unabhängigkeit und des Rechtsgefühls, die die Stimmung der Universität prägten. Diese Haltung sollte sich erst später mit Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges 1870 ändern.

Der Bau des Kollegiengebäudes und die Errichtung der Statuen der vier Philosophen 

Nach dem Scheitern des Bauvorhabens für neue Gebäude aus eigener Kraft auf Landesebene traten die für das Vorhaben zuständigen Gremien an das königliche Kultusministerium in Berlin mit der Bitte heran, das Bauvorhaben durchzuführen. Diesem Wunsch wurde entsprochen. Mit dieser Entscheidung war zugleich die Entscheidung für den Fortbestand der Kieler Universität getroffen. Bei einer Ablehnung wäre die Diskussion über eine Schließung der damals kleinen Kieler Universität und damit um den Fortbestand der Universität weiter geführt worden. Die Genehmigung des Bauvorhabens für das Kollegengebäude hat damit für die Christian-Albrechts-Universität auch heute noch eine besondere historische Bedeutung.

Mit der Entscheidung war das Kultusministerium in Berlin allein für das Vorhaben zuständig. Die dem Ministerium vom geschäftsführenden Ausschuss Schleswig-Holsteins vorgelegten Pläne wurden allesamt verworfen. Am 6.Januar 1872 wurde dem geschäftsführenden Ausschuss mitgeteilt, dass nunmehr die Baumeister Martin Gropius und Heino Schmieden seit längerer Zeit mit der Ausarbeitung von Entwürfen beschäftigt seien. Im Mai bestimmte der Kaiser selbst den nördlichen Teil des Schlossgartens als Bauplatz, im August wurde zwischen der preußischen Regierung und der Universität ein Vertrag abgeschlossen, der dieses Gebiet der Hochschule „zum unbeschränkten und unwiderruflichen Eigenthum“ überließ. 

Der Bauausführung stand damit nichts mehr im Wege. In den Jahren 1873 – 1876 wurde das Kollegiengebäude der Christian-Albrechts-Universität Kiel am Schlossgarten errichtet. Der Entwurf des Baus und die Baubetreuung leiteten Martin Gropius, letzter Schüler von Karl Friedrich Schinkel und Heino Schmieden sowie als örtlicher Bauführer der Kieler Architekt August Frenger. 1880 erhielten die Mitglieder der Berliner Bildhauerschule Gustav Eberlein und Carl Begas den Auftrag, Statuen der vier antiken Philosophen Plato, Solon, Aristoteles und Hippokrates anzufertigen. Im Juni 1881 wurden die Statuen am Portal des Kollegiengebäudes aufgestellt (Eberlein: Platon und Hippokrates und Begas: Solon und Aristoteles). Am 25.Oktober 1876 fand die feierliche Einweihung in der großen Aula des neuen Universitätsgebäudes (Kollegiengebäudes) statt, die zugleich das über 200jährige Bestehen der Universität nachträglich feierte. Das Kollegiengebäude bildete den Auftakt für weitere Universitätsbauten, die das Kultusministerium noch für Kiel genehmigte. Hierzu zählen insbesondere die ebenfalls nach Plänen von Gropius entworfenen und heute noch intakten Gebäude in der Hegewischstraße, die nördlich des Schlossgartens ein einheitliches Ensemble in der spezifischen Formen der Berliner Architektur bildeten.

An die Realisierung dieses für die Universität so bedeutenden Bauvorhabens mit der Aufstellung der vier Philosophen knüpft das Rekonstruktionsprojekt des Vereins Kiels Gelehrtes Erbe e.V. nun im Jahr 2012 an.

(Quelle: Nägelke, Hans-Dieter, Der Gropius-Bau der Kieler Universität- Architektur zwischen regionaler Identität und preußischer Politik,1991)